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Grundlagen für die Baupraxis
Der Auftrag, eine private Schwimmhalle oder eine
Hotel-Schwimmhalle auszubauen oder zu modernisieren, ist für
qualifizierte Handwerksbetriebe eine interessante, aber immer
noch mit etwas Scheu angegangene Sonderaufgabe. So manchem
Fachmann fehlt das rechte Verständnis für die besonderen
klimatischen Gegebenheiten in Schwimmhallen. Dieser Beitrag soll
einige grundlegende Zusammenhänge vom Klima und den Auswirkungen
auf die Bautechnik deutlich machen.
Die Besonderheiten des Schwimmhallen-Klimas
Der meist begangene Fehler bei der Einschätzung des
Schwimmhallen-Klimas ist, dass das Klima im häuslichen
Badezimmer zum Vergleich herangezogen wird. Das kann fatale
Folgen haben. Obwohl es sich beim Badezimmer und bei der
Schwimmhalle um Feuchträume handelt, sind beide in ihrem Klima
völlig unterschiedlich zu bewerten.
Besonderheit 1:
Die Temperatur in der Schwimmhalle liegt bei 30° C (ca. 2 K über
Beckenwasser-Temperatur) und wird in der Regel konstant
gehalten. Im Badezimmer herrschen 22-24° C, wobei die Temperatur
dort je nach Benutzung teilweise stark schwankt. Das dauerhaft
erhöhte Temperatur-Niveau im Schwimmbad erfordert zusätzlichen
Wärmeschutz, um den Transmissions-Wärmebedarf in Grenzen zu
halten.
Besonderheit 2:
Die relative Luftfeuchte in der Schwimmhalle wird durch die
Entfeuchtungsanlage auf konstant 60 % gehalten. Ganz praktisch
geschieht das über eine zentral angeordnete Lüftungsanlage, die
an den Fenstern die erwärmte Luftzufuhr und über die meist
abgehängte Decke die Abluft ansaugt. Im Schema 1 ist diese
Systematik dargestellt.
Baustoffe wie Gipsplatten können hier zur kurzfristigen
Feuchtepufferung beitragen. Das funktioniert in der Schwimmhalle
nicht, weil die relative Luftfeuchte permanent konstant hoch
ist. In der Schwimmhalle sind Gips-Baustoffe nicht zugelassen.
Besonderheit 3:
Die absolute Luftfeuchte liegt in der Schwimmhalle etwa doppelt
so hoch wie im Badezimmer und das permanent. Luft mit 30° C kann
ca. 30 Gramm Wasserdampf pro Kubikmeter aufnehmen, Luft mit 20°
C nur etwa 17 Gramm. Deshalb liegt die Kondensatgefahr in der
Schwimmhalle erheblich höher als im Badezimmer. Alle Bauteile
mit Temperaturen unter 23° C beginnen in der Schwimmhalle zu
„schwitzen“, während im Badezimmer hier noch alles trocken
bleibt.
Sonderfall Whirlpoolraum
Whirlpoolräume nehmen unter diesen Gesichtspunkten einen
Sonderstatus ein. Sie haben zeitweise extrem hohe
Feuchtebelastung bei gleichzeitig hoher Raumtemperatur, und sie
werden zeitweise wieder auf Wohnraumtemperatur ohne nennenswerte
Feuchtebelastung betrieben. Wer sicher gehen will, keine
späteren Feuchteschäden an der Decke, in Ecken und Winkeln zu
bekommen, sollte auch beim Whirlpoolraum die nachfolgenden
Hinweise für Schwimmhallen beachten.
Wärmeschutz und Feuchteschutz
In der Schwimmhalle muss die Bildung von Kondensat auf und in
Bauteilen sicher vermieden werden. Dazu sind zwei wesentliche
Forderungen zu erfüllen. Alle Oberflächen-Temperaturen müssen
über der sog. Taupunkttemperatur von 23,4° C liegen, und der
Wasserdampf darf nicht ins Mauerwerk oder in die
Dachkonstruktion gelangen. Beides erreicht man sicher durch eine
innenliegende Wärmedämmung mit Dampfsperre. Aluminiumkaschierte
Großformat-Platten aus Polystyrol-Hartschaum haben sich dabei
bestens bewährt. Die Aluminiumfolie ist absolut dampfdicht und
schützt dadurch die gesamte Bau-Konstruktion direkt am Ort der
Feuchte-Entstehung. Für den Fachmann ist wichtig, dass er sich
für ein bewährtes System entscheidet, das auch wunschgemäß
gestaltet (verputzt, gefliest oder bemalt) werden kann. Zur
Abforderung einer Systemgarantie von mindestens 5 Jahren ist
dringend zu raten.
Bezüglich der Wärmedämmung muss die geltende
Energieeinspar-Verordnung EnEV beachtet werden, und es müssen
die heutigen Anforderungen an Behaglichkeit erfüllt werden.
Daraus ergeben sich die erforderlichen U-Werte für die
verschiedenen Bauteile.
Außerdem müssen Anschluss-Bauteile bezüglich Wärmebrücken
gemäß DIN nachgewiesen werden. Dabei ist die so genannte
Schimmelpilzgrenze von 25,1 °C an jedem Punkt der Schwimmhalle
einzuhalten. Ein neu erstellter Wärmebrücken-Katalog bei der
Firma ISO – GmbH dokumentiert beispielhafte Konstruktionen.
Beispiel aus dem ISO-Wärmebrücken-Katalog für den
Wand-Decken-Anschluss im Schwimmbad. Hohe
Oberflächentemperaturen auch im Gebäudeeck sorgen für „trockene
Verhältnisse“. Durch die innen liegende Dämmschicht wird die
Konstruktion nach DIN4108 zulässig.
Im praktischen Alltag ist es sinnvoll, die Maßnahmen für
Feuchte- und Wärmeschutz vor dem Einbringen der Wasser- und
Lüftungstechnik durchzuführen. Dadurch können alle Wärmebrücken
sicher vermieden werden.
Großformatige Dämmelemente mit Alu-Kaschierung lassen sich
rationell verlegen und haben einen sehr geringen Fugenanteil.
DIN-Nachweis gibt Sicherheit
Weil im praktischen Alltag sehr viele unterschiedliche Meinungen
und noch mehr Vermutungen zum Thema Bauphysik kursieren, ist
jeder Fachmann gut beraten, wenn er auf einen eindeutigen
Nachweis nach DIN 4108 Wert legt. Mit diesem Nachweis lässt sich
jede Konstruktion auf bauphysikalische Tauglichkeit prüfen.
Allerdings ist dabei wichtig, dass auch die richtigen
klimatischen Daten für das Schwimmhallen-Klima angesetzt werden.
Derartige Nachweise erstellt beispielsweise die Firma ISO in
Offenau für die individuell empfohlenen Bau-Konstruktionen.
Profis setzen auf Erfahrung
Der theoretische Nachweis für die Zulässigkeit der Bauteile ist
die erste wesentliche Voraussetzung, damit die Schwimmhalle
später nicht zur „Tropfsteinhöhle“ wird. Genauso wichtig ist
aber auch die praktische Erfahrung im Ausbau von Schwimmhallen.
Fast jeder Bau hat Eigenheiten und Besonderheiten wie
Stahlträger, Betonstürze, Säulen oder auch Durchbrüche. Die
Bauherrschaft hat besondere Gestaltungswünsche vom umlaufenden
LED-Lichtband bis zur Wandmalerei, oder es bestehen besondere
technische Anforderungen wie ein begrüntes Flachdach oder eine
Lichtkuppel überm Schwimmbecken. Hier erweist sich Erfahrung als
unschätzbarer Wert. Denn Fehler in Schwimmhallen sind am
fatalsten, wenn sie am Bauwerk zutage treten. Das ist das
Letzte, was Bauherren wollen, wenn das Becken endlich mit Wasser
gefüllt ist und die schön gestaltete Schwimmhalle angenehm
beheizt ist, dass dann Feuchteschäden die Freude zunichte
machen, und langwierige und meist teure Sanierungs-Maßnahmen
anstehen. Deshalb ist dringend zu erfahrenen Fachpartnern zu
raten, die bauphysikalische Anforderungen in allen praktischen
Details erfüllen, Notwendigkeiten für Sonderlösungen erkennen
und auch die geeigneten bewährten Produkte verarbeiten.
Veröffentlicht in:
IKZ Haustechnik Heft 8 - April 2011
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